Liebe Gemeinde, in den beiden letzten Predigten ging es um Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Gott ist uns als Schöpfer ganz nah:
„Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Psalm 139,5
Heute hören wir einen Predigttext, in dem es darum geht, wie Gott uns noch näher kommt: Hebr. 2,10-11.14-15.17-18
10 In Gott hat ja alles nicht nur seinen Ursprung, sondern auch sein Ziel, und er will viele als seine Söhne und Töchter an seiner Herrlichkeit teilhaben lassen. Aber um diesen Plan zu verwirklichen, war es notwendig, den Wegbereiter ihrer Rettung durch Leiden ´und Sterben` vollkommen zu machen. 11 Er, der sie heiligt, und sie, die von ihm geheiligt werden, haben nämlich alle denselben Vater. Aus diesem Grund schämt sich Jesus auch nicht, sie als seine Geschwister zu bezeichnen. 14 Weil sie alle Geschöpfe aus Fleisch und Blut sind, ist auch er ein Mensch von Fleisch und Blut geworden. So konnte er durch den Tod den entmachten, der mit Hilfe des Todes seine Macht ausübt, nämlich den Teufel, 15 und konnte die, deren ganzes Leben von der Angst vor dem Tod beherrscht war, aus ihrer Sklaverei befreien. 17 Ihnen, seinen Brüdern und Schwestern, musste er in jeder Hinsicht gleich werden. Deshalb kann er jetzt als ein barmherziger und treuer Hoherpriester vor Gott für sie eintreten – ein Hoherpriester, durch den die Sünden des Volkes gesühnt werden. 18 Und weil er selbst gelitten hat und Versuchungen ausgesetzt war, kann er denen helfen, die ebenfalls Versuchungen ausgesetzt sind.
(Neue Genfer Übersetzung)
Dem entspricht im Glaubensbekenntnis:
Ich glaube … an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria.
Gott will uns ganz nah sein. Er hat uns geschaffen zur Gemeinschaft mit sich. Und er tut alles dafür, dass wir in Ewigkeit bei ihm sein können.
Gottes Ziel mit uns ist: Wir sollen teilhaben an seiner Herrlichkeit und an seinem ewigen Leben
So steht es am Anfang unseres Predigttextes (V. 10a). Aber unsere Wirklichkeit sieht anders aus. Sie ist ständig vom Tod bedroht. Das macht uns Angst. Die Angst vor dem Tod und die Ahnung, dass unser kleines Leben nicht alles sein kann und dass wir für mehr erschaffen wurden, prägt die Religionen von Anfang an. Archäologen legen uralte Begräbnisse frei, in denen den Verstorbenen Grabbeigaben mitgegeben für ein Leben nach dem Tod. Auch die Pyramiden von Gizeh sind aus dem Grund entstanden, den Pharaonen eine Möglichkeit eines Lebens nach dem Tode zu ermöglichen. Der alttestamentliche Philosoph, der Prediger Salomo sagt:
Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt.
Prediger 3,11
Es gibt eine Ahnung um unsere tiefere und eigentliche Bestimmung über unser irdisches Leben hinaus. Aber zwischen unserer Bestimmung und der Wirklichkeit des Todes ist ein Kluft, die wir Menschen nicht überbrücken können. Der Tod setzt uns eine absolute Grenze. Diese Grenze überbrücken kann nur Gott: Er hat es in der Auferstehung von Jesus getan, so wie er es auch mit uns tun wird.
Aber es gibt ein noch viel größeres Problem:
Das Problem unserer Schuldhaftigkeit und Bosheit angesichts der Heiligkeit Gottes
In der Paradieserzählung am Anfang der Bibel ist die Welt zwischen Gott und Menschen noch in Ordnung. Es gibt zwei Bäume im Garten: den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen und den Baum des Lebens. Der Baum des Lebens symbolisiert, dass das Leben für uns eigentlich unbegrenzt zur Verfügung stand. Vom Baum der Erkenntnis aber zu essen ist bei Androhung des Todes verboten. Wir wissen wie es ausgeht: Der Mensch verfällt der Verführung der Schlange und isst von diesem Baum. Indem er das Gebot übertritt, weiß er nicht nur, was gut ist, sondern er weiß aus eigener Erkenntnis und Erfahrung auch, was Böse ist. Und damit kommt das Böse und der Tod in die Menschheit und bestimmt unser Zusammenleben, unser Menschsein. Der Mensch wird Teil des Bösen. Zum Schutz seiner Welt vertreibt Gott den Menschen aus dem Paradies: er soll jetzt, wo er böse ist, nicht auch noch vom Baum des Lebens essen. Das Böse und die Sünde soll nicht verewigt werden. In Gottes neuer Welt hat das Böse keinen Platz. Gott sorgt dafür, dass in seiner Nähe das Böse keinen Raum findet. Denn er ist heilig, das heißt: er ist getrennt vom Bösen.
Wenn wir aber zu Gott kommen wollen, muss das Problem unserer Schuld und Bosheit gelöst werden. Ohne dem können wir nicht zu Gott kommen, können wir auch nicht an seiner Ewigkeit teilhaben, sondern bleiben dem Tode verhaftet. Wir müssen erlöst werden von unserer Schuld und vom Bösen. Uns muss Vergebung unserer Schuld zuteil werden und wir müssen geheiligt werden, dass heißt: so verwandelt werden, dass nichts Böses mehr an uns haftet. Die Religionen haben eine Ahnung davon: An Stelle des Menschen, der den Tod verdiente, wurden stellvertretend Tiere geopfert, um die Schuld zu sühnen. Aber dennoch ist klar: Tiere sind letztlich nicht dazu geeignet, an die Stelle des Menschen zu treten. Das ist nur eine symbolische und vorläufige Handlung. An die Stelle von uns Menschen kann nur ein anderer Mensch treten – einer, der keine Schuld hat und in dessen Leben nichts Böses ist. Das kann kein normaler Mensch sein. Das kann nur geschehen, wenn Gott selbst Mensch wird:
In Jesus wird Gott der Mensch, der durch sein Sterben das Problem unserer Schuld und unserer Bosheit löst.
Weil wir Menschen unser Problem nicht selbst lösen können – denn wir sind alle Sünder – musste Gott Mensch werden. In Jesus ist er uns völlig gleich geworden, hat Fleisch und Blut angenommen von der Jungfrau Maria. Er hat alles durchgemacht und erfahren, was unser Menschsein ausmacht. Nichts Menschliches ist ihm fremd geblieben. Alle Versuchungen, denen wir erliegen, hat er selbst erfahren – mit dem einen und einzigen Unterschied: er ist den Versuchungen nicht erlegen. Wie kann das sein? Was unterscheidet ihn von uns? Gott musste an einer Stelle einen totalen Neuanfang machen: von Anfang an war Gottes Heiliger Geist im Spiel: Von der Zeugung an. Deshalb sprechen wir im Glaubensbekenntnis: empfangen durch den Heiligen Geist. Jesus war von allem Anfang an Gott. Er stand jeden Augenblick seines Lebens ganz auf Gottes Seite – so wie er auch ganz Mensch war und von allem Anfang an auch auf unserer Seite stand. Beides hat er von der ersten Zelle bis zu seinem letzten Atemzug am Kreuz durchgehalten. Er war ganz für Gott da und zugleich ganz für uns Menschen. Er hat sein Leben für uns eingesetzt. Und so ist er nicht einfach seinen eigenen Tod gestorben. Denn er hat keine Sünde begangen, sein Leben war nicht bestimmt vom Bösen. Weil er nicht wegen seiner eigenen Schuld sterben musste, konnte er sein Leben und seinen Tod stellvertretend für uns zur Verfügung stellen. Er nahm unsere Schuld auf sich, indem er in den Tod ging, den er selbst nicht verdient hatte. Er starb den Tod, den wir verdient haben, starb unseren Tod. Und rechnet uns sein unschuldiges, gerechtes und gottgefälliges Leben an, so dass wir von Gott angenommen werden und vor ihm bestehen können. Er lässt uns teilhaben an dem neuen Leben, das Gott ihm in der Auferstehung schenkte. Durch ihn haben wir den Zugang zu Gott und seiner Herrlichkeit und dem ewigen Leben.
Gott ist uns in Jesus unendlich nahe gekommen, als er unser Leben geteilt hat. Das ist ein großer Trost: Er hat alles selbst durch gemacht und kennt unsere Probleme und Versuchungen. Und deshalb ist er ganz für uns und steht als ein Hoher Priester ganz auf unserer Seite. Wir dürfen deshalb wissen: Er ist barmherzig mit uns. Er vergibt uns immer wieder neu. Und er steht als Hoher Priester auch ganz auf Gottes Seite. Er ist treu und zuverlässig und macht uns im Glauben gewiss, dass wir einmal in Ewigkeit bei Gott sein werden und die neue Welt Gottes erben werden.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Schuld, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.