Gelitten, unter Pontius Pilatus gekreuzigt, gestorben und begraben. Hinabgestiegen in das Reich des Todes. Am dritten Tage auferstanden von den Toten.
Apostolisches Glaubensbekenntnis
Der Hauptmann aber, der dabeistand, ihm gegenüber, und sah, dass er so verschied, sprach: Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen! Mk. 15,39
I. Karfreitag: Gott in Jesus auf der Anklagebank
So haben wir es eben in der Lesung gehört aus dem Munde des Hauptmanns, der die Kreuzigung zu befehligen hatte aber auch sehr genau beobachtete, was da vor sich ging. Bei den Römern war es üblich, dass sie Menschen kreuzigten, die Nichtrömer waren. Und das geschah zu Hunderten und Tausenden. Der Hauptmann war sicherlich niemand, der besonders feinfühlig war. Aber er hatte wahrscheinlich dadurch, dass das so oft vorkam ein tiefes Gespür dafür, was bei dieser Kreuzigung, bei diesem Menschen, anders war. Wie oft hatte er das schon erlebt, wie Menschen gestorben sind: Verzweifelt, voller Hass und Groll, völlig am Ende, hoffnungslos. Und hier geschah etwas völlig anderes. Im Beobachten dieser Kreuzigung spürte er: Das ist nicht einfach irgend ein Mensch und schon gar nicht ein Verbrecher. Was hier geschehen ist, da ist etwas Heiliges dran. Da ist irgendwie Gott spürbar gewesen. Dieser Mensch, den wir gekreuzigt haben, war in besonderer Weise mit Gott verbunden. Ja – da bin ich sicher, sagt der Hauptmann: Der war Gott, Gottes Sohn.
Wenn aber das stimmt, was dieser Hauptmann gefühlt und erfahren hat, dann muss das ein tiefes Erschrecken auslösen. Da ist doch tatsächlich Gott, Gottes Sohn von uns Menschen verurteilt und hingerichtet worden. Er hat es mit sich geschehen lassen.
Was heißt das? Ist Gott schuldig gewesen? So wie viele Atheisten Gott für alles mögliche verantwortlich machen und die Religion für die Kriege dieser Welt und das Unrecht in dieser Welt: Gott ist schuld! Gott auf der Anklagebank. Und dann verurteilt und hingerichtet, vernichtet! „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ So hängt Jesus am Kreuz!
Und sage keiner, was damals geschehen ist, das könnte heute gar nicht mehr passieren. Wenn ich so in den letzten Jahren in unsere Gesellschaft schaue: Was für ein Hass und eine Gewalt tut sich da kund. Das würde heute genauso passieren. In den Krisen und Notzeiten da zeigt sich, was in uns Menschen steckt. Schon wieder ist es so, wie wir das ja schon einmal in Deutschland erlebt haben und über viel Jahrhunderte schon gewesen ist: Immer wenn etwas auftaucht wie z.B. jetzt die Corona-Krise, dann werden Schuldige gesucht. Und man findet sie tatsächlich, man mag es kaum glauben, bei den Juden. Ihnen wird untergeschoben: Sie hätten den Corona-Virus in die Welt gesetzt. Unglaublich, was Menschen glauben und was Menschen sagen und tun. Es hat sich nichts geändert seit damals.
Was haben wir getan? Gott – Gottes Sohn umgebracht. Hatten wir ein Recht dazu? Und was hat das für Folgen: Gott ins Unrecht gesetzt zu haben? Ihn getötet zu haben. Müssen wir jetzt ohne ihn auskommen? Auf Golgatha schauen wir in den Rachen der Gottlosigkeit und wir entdecken, wer wir Menschen im tiefsten Grunde sind: Unmenschen, Frevler, Verbrecher, Sünder. Ja, das zeigt sich auf Golgatha. Zu so etwas ist der Menschen fähig: Den, der von keiner Sünde wusste, zu verurteilen, Gründe dafür zu finden und ihn aus der Welt zu schaffen. Gott zu verurteilen, dem wir unser Leben verdanken. Was passiert aber jetzt? Wie geht es weiter ohne Jesus, ohne Gott?
II: Ostern: Der Mensch auf der Anklagebank
Zum Glück ist es nicht bei Karfreitag geblieben, sondern wir feiern auch in diesem Jahr wieder Ostern. Denn am Ostermorgen wendet sich das Blatt völlig: Das Urteil der Menschen über Jesus und die Strafe über ihn wurde aufgehoben. Der Verurteilte und Hingerichtete lebt wieder gegen jede Erwartung! Damit ist er aber auch total rehabilitiert. Und das Urteil der Menschen erweist sich als ein krasses Fehlurteil: Jesus ist Gottes Sohn, ist Gott. Seine Unschuld ist erwiesen! Der von uns Menschen Verurteilte ist frei und lebendig. Er ist der wahrhaft Lebendige. Er hat alle Macht erhalten im Himmel und auf Erden.
Die Situation ist jetzt vollkommen verwandelt: Jetzt sitzt der Mensch vor Gott auf der Anklagebank: Was hast du getan? Und jetzt wird Jesus – als der gerechte Richter – über uns das Urteil sprechen! Über jeden Menschen, über mich und dich! Können wir vor ihm bestehen? Wird er den Spieß jetzt umdrehen? Steht uns selbst das Schicksal bevor, das Jesus erlitt? Das Recht, uns so zu behandeln hätte er! Manche verstehen ja z.B. den Corona-Virus als Strafe Gottes.
III. Karfreitag und Ostern: Endgültige Rechtsprechung in Jesus für Mensch und Gott
Doch das stimmt nicht! So handelt Gott nicht! Nein: Er rechnet uns unsere Schuld nicht an. Er hat sie auf Jesus gelegt. Jesus hat sie auf sich genommen, als er starb. Nicht nur die Schuld der Menschen damals, die ihn kreuzigten. Sondern die der ganzen Welt. Mit einer unglaublichen Anziehungskraft zog er sie auf sich. So wie implodierende Sterne zu schwarzen Löchern werden und alles in sich hineinziehen, was in ihren Umkreis kommt, so zog Jesus die Schuld der ganzen Welt auf sich und riss sie mit in seinen Tod.
Die Schuld und Sünde ist weg, erledigt, gesühnt, abgetan! Und Jesus ist lebendig, auferstanden, in einem neuen Leben! Und weil er alle unsere Schuld beseitigt und mit in seinen Tod gerissen hat, ist nicht nur sein neues Leben zum Vorschein gekommen am Ostermorgen, sondern auch unser neues Leben. Im Auferstandenen begegnet uns unsere Zukunft, unsere Hoffnung, unser ewiges Leben!
Allerdings müssen wir das zulassen, müssen uns das von Gott gefallen lassen, es ihm glauben und unser Vertrauen darauf setzen. So wie bei der Osterkerze, deren Licht an alle, die zu diesem Licht kommen, übergeht, können wir unser Lebenslicht von Christus erhalten. Dann sehen wir unser Leben im Lichte Gottes. Und indem wir das annehmen und glauben, kommen damit aus dem Gericht, denn es ist schon an Jesus stellvertretend vollzogen.
Wenn wir jedoch in Distanz bleiben, bleibt alles beim Alten für uns: Wir bleiben in der Gottesferne, wir bleiben Sünder. Und wir werden uns dann einmal vor Jesus verantworten müssen. Jesus begegnet uns als dann als Richter.
Darum: Empfangen wir heute lieber mit offenem Herzen das neue Leben, das Jesus für uns bereit hat. Lassen wir uns anstecken vom Licht des neuen Lebens in der Auferstehung von Jesus. Freuen wir uns an seiner Auferstehung und damit an unserem neuen Leben, das er uns schenkt. Feiern wir fröhlich Ostern: Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja!